Kain Essener und die lieben Grüße
Kain hatte im Supermarkt eine Zeitung gekauft. Der Kassierer hatte ihm beim
Bezahlen ein freundliches "Grüß´ Gott!" entboten. Kain hatte spontan mit
"Hallo! Guten Tag!" geantwortet. Er musste weiter. Während er ins Auto stieg
und während der folgenden Fahrt zur Arbeit im abendlichen stop and go ging
ihm die Situation, der kurze Wortwechsel nicht aus dem Sinn. Hatte er Gott
gegrüßt, war ihm das wirklich gelungen? Irgend wie hatte er sehr direkt auf
die Aufforderung seines Gegenübers reagiert und geantwortet. Die Jungen wichen solchen Gepflogenheiten aus. Hi, Hallo, Grüß dich - Formeln, zu denen Kain Essener auch bei jeder Gelegenheit Zuflucht nahm. Sie waren ein Ping, ein Echolot-Schlag, ein Stups an das Gegenüber: Hallo, ich habe dich bemerkt - wie geht es dir? Obwohl Kain anmerken musste, dass es ihm selbst meistens nicht ging - er musste schon selbst gehen, wenn er etwas wollte. Kain hatte sich selbst in Gedanken durch den Münchner Abendverkehr geschoben und stand nun vor der Aufgabe, seine Kursteilnehmer heute Abend zu begrüßen.
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