Kain Essener und die lieben Gr��e

 

Kain hatte im Supermarkt eine Zeitung gekauft. Der Kassierer hatte ihm beim Bezahlen ein freundliches "Gr�ߴ Gott!" entboten. Kain hatte spontan mit "Hallo! Guten Tag!" geantwortet. Er musste weiter. W�hrend er ins Auto stieg und w�hrend der folgenden Fahrt zur Arbeit im abendlichen stop and go ging ihm die Situation, der kurze Wortwechsel nicht aus dem Sinn. Hatte er Gott gegr��t, war ihm das wirklich gelungen? Irgend wie hatte er sehr direkt auf die Aufforderung seines Gegenübers reagiert und geantwortet.
Die Deutschen und ihre Gr��e - überall Imperative!
Er lebte in Bayern. Das bayerische "Gr�ߴ Gott!" erschien ihm immer mehr als Befehl. Gr��e nicht mich (vielleicht demutsvoll angedacht), gr��e Gott (das ist w�rdiger, der hat�s eher verdient). F�r Kain bedeutete es eher, eine imagin�re Person zu gr��en, deren Existenz er nicht erkennen konnte, anstatt sein Gegenüber. Wollte dieses nach M�glichkeiten nicht gest�rt sein? Steckte dahinter das bayerische "Geh, lass ma mei Ruh" ?
Selbst in dem allgemeinen, in Deutschland weit verbreiteten "Guten Tag" vermutete Kain Essener so einen Imperativ. zunächst entbot es dem so Gegr��ten wohl wirklich nur einen guten, sch�nen Tag. Aber lag darin nicht auch ein Befehl? Tage, bringe an den Tag, zeige, was nun heute gut f�r dich ist. Man musste vorsichtig sein.
Der "Deutsche Gru�" - "Heil Hitler" - war f�r Kain sowieso der Hammer. Leider war niemand dieser Aufforderung gefolgt. Einer derer, die eine Chance gehabt h�tten - Freud - musste vor Hitlers Schergen fliehen.

Die Jungen wichen solchen Gepflogenheiten aus. Hi, Hallo, Gr�� dich - Formeln, zu denen Kain Essener auch bei jeder Gelegenheit Zuflucht nahm. Sie waren ein Ping, ein Echolot-Schlag, ein Stups an das Gegenüber: Hallo, ich habe dich bemerkt - wie geht es dir? Obwohl Kain anmerken musste, dass es ihm selbst meistens nicht ging - er musste schon selbst gehen, wenn er etwas  wollte.

Kain hatte sich selbst in Gedanken durch den M�nchner Abendverkehr geschoben und stand nun vor der Aufgabe, seine Kursteilnehmer heute Abend zu begr��en.

 

 

Klaus Gölker   �2005   | Home |