Der Traum vom Fliegen - Essay



„Menschen können nicht fliegen, oder?“

„Natürlich (?) können sie´s, mit Hilfe von Maschinen!“


Ist das Alles?

 

Am Anfang blieb den Menschen nur das Schauen – den Vögeln zuzuschauen, wie sie sich gleitend und schwebend, flügelschlagend in einem Raum bewegten, der sich scheinbar grenzenlos über den Häuptern der Menschen erstreckte.
Frühe Schamanen, Zauberer, Weise versuchten sich als erste in diesen Raum zu erheben. Sie taten es in Trance, im Geiste, in ihrer Vorstellung. Sagen berichten von Anderen, die versuchten, sich mit ihrem Körper in jenen Raum unter der Sonne zu erheben, es den Vögeln gleichzutun. Die Sage berichtet auch, dass sie scheiterten, weil es ihnen gelang.

Erst mit dem Beginn der Neuzeit, mit einem rationaleren Erfassen der Wirklichkeit und des Wesens der Dinge, erst mit „wissenschaftlicher“ Beobachtung und Erprobung gelang es den Menschen, wirklich physisch in diesen Raum vorzudringen. Leonardo da Vinci studierte den Flug der Vögel – und deren physische Voraussetzungen, wie die Anatomie der Flügel. Er entwarf, skizzierte Geräte, die zumindest im Ansatz, im Prinzip als flugtauglich gelten können.

Die wissenschaftliche Entwicklung nahm andere Wege, fliegen zu können wie ein Vogel galt lange Zeit als verrückte Idee. Die ersten positiven Ergebnisse brachte die Entdeckung der Gase und deren Verhalten, Eigenschaften im erwärmten Zustand. So waren im Wind, mit dem Wind treibende Auftriebskörper – Ballone – die ersten „wirklichen“ Fluggeräte, mit denen Menschen Ende des 18. Jahrhunderts flogen.

Die Studien, die da Vinci begonnen hatte, fanden Nachahmer. Aber zumindest gemäß der Historienschreibung dauerte es bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, bis erste Flugmodelle mit Luftschraube flogen, bis die Gesetze der Aerodynamik ansatzweise, mehr durch probieren als durch studieren erfasst waren.

Hatte kein Kind vorher einen Papierflieger gebastelt? Wer weiss das zu sagen? Flugdrachen – und damit aerodynamische Auftriebskörper -  gab es wohl schon lange, ob als früh importierte Idee aus Asien oder als parallele eigene Entwicklung in Europa. Das Schiffssegel – und damit eine aerodynamische Fläche, war in Gebrauch, aber die Zusammenhänge, das Prinzip dahinter musste eben erst noch entdeckt werden. Und Raketen flogen bereits seit mehreren 1000 Jahren – zur Belustigung und als Waffen.

Erst um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert gelangen den Pionieren wie Lilienthal und Wright die ersten Gleit- und Motorflüge mit Tragflächenflugzeugen. Leichte, benzin-, äthergetriebene Verbrennungsmotore – eine parallele technische Entwicklung, die mit dem Konzept der Luftschraube, des Propellers zusammen für die zum Gleiten, Fliegen nötige Vorwärtsbewegung, Dynamik sorgten.

Von hier aus ging die Entwicklung rasant bis in unsere Zeit, über die Luftfahrt hinaus zur Raumfahrt. Die Träume und Vorstellungen wuchsen mit den Möglichkeiten, und immer noch gehen die Träume weiter und weiter hinaus...

Aus ihren Vorstellungen und Träumen heraus, mit all ihren Fähigkeiten haben es die Menschen geschafft, Neues zu entwickeln, Räume zu erschließen, zu nutzen, für welche sie zunächst nicht geschaffen waren.

 

Was bleibt, außer der Zukunft und dem, was noch werden wird, ist die Fähigkeit einer und eines jeden, vom Fliegen auch zu träumen.


(Essay zu einer Ausstellung zum Thema)

Klaus Gölker   ©2003   | Home |