Auf dem Heimweg von der Arbeit



Nach der Arbeit schwang ich mich aufs Fahrrad und radelte los, vom Büro in der Nähe des Hofgartens hinüber in den Englischen Garten. Das Wetter war nieselig an diesem Novemberabend, und es war bereits dunkel, das Licht der Autoscheinwerfer spiegelte sich auf der Fahrbahn, die Kieswege waren feucht.
Nachdem ich den Park verlassen hatte, überquerte ich die Isar auf der Tivolibrücke. Danach begann der Anstieg, die Montgelassstraße hinan, das rechte Isarhochufer hinauf. Die Steigung zog sich hin, ich musste schon in die Pedale treten, um voranzukommen. Das schlüpfrige Kopfsteinpflaster und die Straßenbahnschienen forderten ein Mehr an Aufmerksamkeit.
Die Hälfte des Weges bergan hatte ich hinter mir, als ich, mir voraus, ein Pferd heranstürmen sah. Das Tier kam herangaloppiert, Reste eines Wagengeschirrs hinter sich herschleifend, die Riemen und Metallösen schleuderten hin und her, sprangen übers Pflaster. Mir entgegen kam das führerlose Pferd, auf der falschen Straßenseite. Rechts neben mir standen Autos geparkt, sie versperrten mir die Flucht auf den Bürgersteig.
Schon war das Tier heran, ich hörte es schnauben und sah das Weiß seiner nach oben gerollten Augäpfeln. Lang schienen mir die Sekunden, in denen das scheuende Pferd an mir vorbeizog. Ich trachtete nur noch danach, geradeaus den Berg hinaufzuradeln. Der Schlag einer umhergeschleuderten Öse traf mich am linken Unterschenkel, dann war es vorbei, ich fuhr weiter bergan.
Oben auf der Anhöhe, am Herkomer Platz angekommen, sah ich ein weiteres Pferd, dieses mit Sulky. Menschen bemühten sich um das Tier. Mich zog es nicht dorthin, mein Weg führte nach Hause.
Am nächsten Tage erfuhr ich aus der Zeitung, das beide Pferde bei Unfällen mit Autos zu Tode gekommen seien. Wie es hieß, waren es Traber, die beim Training in Daglfing ausgebrochen und in die Stadt geflohen waren.




Klaus Gölker   ©2000   | Home |