Ein Reisetag


Verona - Porta Nuovo

Wann sah ich je solch eine Morgenröte - wie hier der Himmel im Osten zunächst violett-purpur, und dann, immer heller werdend, in Rosa-Tönen erstrahlt?!
Dazu, selbst hier am Bahnhof, inmitten der Stadt, durch alle Geräusche hindurch, das Zirpen der Zikaden.

Nachmittags am Campingplatz "Festung San Pietro".

Hier sitze ich über der Stadt, unter Spalieren mit Weintrauben, links neben mir der Campanile des Domes, sein Glockenstuhl auf einer Höhe mit meinem Platz am Tisch, vielleicht 300 Meter Luftlinie entfernt. Der Campingplatz, in den Terrassenanlagen einer alten Fortifikation über der Stadt gelegen - die Ausstattung ist karg, geduscht wird kalt.

   Nach der Ankunft in Verona durchstreifte ich zunächst die sehr schöne Altstadt - mein Glück ist mit mir - mein Fahrrad war bereits angekommen. Ein erstes kleines Frühstück - Cappucino, eine Art Croissant und Mineralwasser - nahm ich in einem Cafè am Platz der Arena ein.
   Darauf folgte ein Streifzug, der mich durch die Gassen der Altstadt führte, Gassen, malerisch und geschäftig zugleich. An der 'Piazza del Erbe' machte ich vorgezogene Mittagspause, aß eine Calzone, die ich mir an einem Marktstand kaufte und trank Aqua Minerale.
   Allgemeinbildung, wo bist du? Dass ich mich in der Stadt Romeo´s und Julia´s befinde, kam mir erst zu Bewußtsein, als ich im Reiseführer des von mir gekauften Stadtplanes davon las.
   Nach dieser Mittagspause führte mich mein Weg weiter, aus der Altstadt hinaus. Von einer der Adigebrücken aus sah ich zwei Ziele, die mich anzogen - eine Kirche am Fluß, San Giorgio -und, auf einem Hügel oberhalb der Stadt, ein rundes Bauwerk, welches mich noch stärker drängte, es kennenzulernen.
   Nachdem ich San Giorgio von außen besehen hatte - die Kirche selbst war geschlossen -,suchte ich einen Weg hinauf zu benanntem anderem Bauwerk. Der Anstieg wurde zur Wegsuche, steil und sehr anstrengend. Mein ganzes Reisegepäck mit mir führend, mußte ich das Fahrrad über weite Strecken bergan schieben, zum Teil über Treppenanlagen bergauf tragen. Über Nebenwege erreichte ich mein Ziel, trat durch eine Toreinfahrt und stand auf einem Vorplatz mit weiter Sicht über die Stadt und das umliegende Land.
   Nachdem ich mein Fahrrad abgestellt und mich meines Gepäcks entledigt hatte, ging ich hinüber zu dem Rundbau, die Treppen hinauf und fand mich in einem, der Heiligen.Muttergottes von Lourdes geweihtem Wallfahrtsort. Ein Ort religiöser Hingabe, tiefverwurzelten Glaubens.
   Nach dem Verlassen der Heiligen Stätte führte mich mein Weg wieder bergabwärts, der Stadt entgegen. Dem ersten Wegzeichen folgend, das zu einem Campingplatz wies, gelangte ich hierher nach San Pietro.
   Nach dem Anmelden, nach dem Zeltaufbau ruhte ich zunächst in der Hitze des Mittags, holte etwas von dem Schlaf nach, den ich während der Bahnfahrt nachts versäumt hatte und erwachte unter den blauen Rebfrüchten. Probiert habe ich davon. Noch einige Wochen, und sie haben die Süße.

Abends, es wird schon dunkel, in einem Café am Domplatz.

Abendliche Geräusche, Leute, die ausgehen, Menschen, die sich unterhalten. Die angestrahlte Portalfassade des Domes, die Fassaden der Nachbarhäuser, hell im Licht vor einem dunkelblauen Himmel, kräftige Farben, strahlendes Weiß, Schatten wie gemalt. Die ganze Stadt anders lebendig, als ich es von deutschen Städten her kenne. Die ganze Stadt ein Ort, um wiederzukehren und neu zu erleben. Der Himmel so blau.
   Ein Abendessen. wie ich es in Deutschland noch nicht erlebte: Prosciutto e fighi, tagliata e panini - aber ganz frische! - il vino:'Le Fraghe Chardonnay', espresso, aqua minerale. Nach 0,75 Litern Wein ist von Nüchternheit nicht die Rede, aber berauscht hat mich das Essen als Ganzes, als Erlebnis, - eine Übersumme von Eindrücken. All das in der Nähe des Domes von Verona, in 'La Trattora'.
Il conto, prego!




Klaus Gölker   ©2000   | Home |