Der Augustsommerhimmel über mir leuchtet in Blau, diesem speziellen Augustnachmittags-Sommerhimmelblau. Zur Belebung hat er sich einige hohe, weiße Wolken eingeladen. Ich liege also unter ihm, im Halbschatten von Laubbäumen, im Liegestuhl, auf der Gartenterrasse meines Appartements, nach oben schauend.
    In meinem Blickfeld habe ich, außer besagten Bäumen unter dem bereits erwähnten Himmel, auch noch die von Balkonen bedeckte Fassade des viergeschossigen Häuserblocks, in dem ich wohne. Zwei Stockwerke über mir hat es sich eine Katze auf dem schmalen Balkongeländer bequem gemacht, sie liegt darauf lang ausgestreckt und tut das gleiche wie ich - nichts in der Sonne.
    So kann ich auch beobachten, wie eine Amsel, ich glaube, ein Amselmännchen, auf Höhe der Balkone im zweiten Stock herangeflogen kommt. In dem Moment, in welchem Vogel und Katze - beide trennen nur wenige 10 Zentimeter Luftlinie - in dem Moment, als beide Tiere auf gleicher Höhe sind, geschieht folgendes: Die Katze schaut ruckartig auf und nach rechts, die Amsel im Flug nach links - für die Ahnung eines Augenblicks schauen sich beide an. Der Ruck läuft weiter durch die Katze und verschmilzt anscheinend ihren Körper mit dem Geländer. Ohne sichtbares Flugmanöver fliegt die Amsel plötzlich etwa einen halben Meter weiter rechts in gleicher Richtung.
    Die Katze lässt ihren Kopf wieder sinken und entspannt, als sei nichts gewesen, und ich liege im Liegestuhl und denke nur: This bird has flown - der Vogel flog.

Klaus Gölker   ©2000   | Home |